Technische Chemie & Katalyse


Gastartikel vom April 2021 von Prof. Dr. Roel Prins

Professor Emeritus (Curriculum Vitae)
für Technische Chemie und Katalyse an der ETH Zürich

Ähnlichkeiten und Differenzen zwischen Chemie, Chemie-Ingenieurwissenschaften und Technischer Chemie

Chemie wird an Universitäten, Chemie-Ingenieurwissenschaften an Technischen Universitäten und Technische Chemie an einigen Universitäten oder Technischen Universitäten unterrichtet. Technische Chemie ist eine Mischung zwischen den beiden anderen Fächern.

Im Chemiestudium werden Chemie-, Physik- und Mathematikfächer unterrichtet. Im Studium Chemie-Ingenieurwissenschaften werden Fächer doziert die mit der Herstellung von Chemikalien in der Industrie zu tun haben: wie realisiert man diese Herstellung. Solche Fächer werden im Studium Chemie an Universitäten nicht doziert. Chemiefächer werden an Technischen Universitäten schon doziert, aber weniger tiefgehend als an den Universitäten, denn dafür fehlt die Zeit. Im Studium Technische Chemie werden beide Gruppen von Fächern doziert: die Chemie und die Chemie-Ingenieurwissenschaften. Es spricht von selbst, dass von beiden Gruppen weniger doziert werden kann als an Universitäten respektive Technischen Universitäten.

Die Richtungen Chemie, Technische Chemie und Chemie-Ingenieurwissenschaften unterscheiden sich in der Bachelorphase deutlich. Im Chemiestudium werden im ersten Jahr Fächer der Chemie (einschliesslich Biochemie), Physik und Mathematik unterrichtet und in den drei Jahren danach werden die Chemiefächer vertieft.

Auf Bachelorstufe verfolgen die Chemie-​Ingenieure zwei Jahre Grundlagenchemie, mit Bachelor-​ und Master-​Studiengängen in fortgeschrittener Verfahrenstechnik. Die nötigen Kenntnisse für die Entwicklung, Konstruktion und den Betrieb von industriellen Prozessen in der Herstellung und Verarbeitung von Materialien werden vermittelt.

Der Grundgedanke hinter dem Studium Technische Chemie ist das für manche industrielle Herstellung von Chemikalien nicht nur Ingenieurwissen, sondern auch eine gute Chemieausbildung wichtig ist. Gleichzeitig muss das Verständnis der Ingenieurwissenschaften nicht immer sehr tief sein. Dies trifft speziell bei der Herstellung von Feinchemikalien zu, wie in der Schweiz. Den drei Studienrichtungen ist gemeinsam, dass man nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch ausgebildet wird; für alle drei Richtungen gibt es Praktika. Im letzten Semester wählt man ein Hauptfach, dass man vertiefend studiert und wofür man einige Zeit Forschung macht.

Was ist Katalyse?

Katalyse, einer der Fächer im Studium Technische Chemie, beschäftigt sich mit Katalysatoren, Materialien die eine chemische Reaktion beschleunigen können. Die meisten industriell hergestellten Basischemikalien und Brennstoffe werden mit Hilfe von Katalysatoren hergestellt. Feinchemikalien, wie pharmazeutische Produkte, werden oft in mehreren Schritten hergestellt und im Moment sind nur wenigen davon katalytisch. Die Forschung ist dabei dies zu ändern, denn Katalyse ermöglicht nicht nur Reaktionen, sondern ermöglicht auch die Synthese bei milderen Bedingungen und spart dadurch Energie. Dadurch ist Katalyse sehr wichtig und wird an allen Abteilungen der Technische Chemie in der Welt unterrichtet. Katalytische Reaktionen haben einen direkten Einfluss auf die Gesellschaft, wie in der Nutzung von Erdgas, die Umsetzung von Kohldioxide, die Umsetzung von Biomasse in Chemikalien und Brennstoffe, und die Herstellung von Feinchemikalien.

Durch seine Breite, ermöglicht Katalyse es viele Aspekte der Technischen Chemie zu untersuchen. Man begegnet anorganische Aspekte in der Herstellung der Katalysatoren, organische Aspekte im Studium der Reaktionen und technische Aspekte bei der Ausführung einer Reaktion in einem Reaktor gefüllt mit der Katalysatormasse.

Studium Technische Chemie

In den ersten zwei Jahren des Bachelor-​Programms in der Technischen Chemie werden physikalische, organische, anorganische und analytische Chemie unterrichtet, und auch Mathematik, Physik und Biologie. In den letzten zwei Jahren werden die Kerndisziplinen der Ingenieurwissenschaften unterrichtet, die sich mit Problemen in der Entwicklung von industriellen Prozessen und Produkten befassen.

Technologische, wirtschaftliche und ökologische Themen werden mit Hilfe von integrativen Denkansätzen behandelt.

Das Studium ermittelt die Kenntnisse die benötigt sind für die Entwicklung, Konstruktion und den Betrieb von industriellen Prozessen in der Herstellung und Verarbeitung von Materialien.

Die Vorlesungen in der Bachelorphase werden an der ETH Zürich auf Deutsch gegeben, so dass alle Schweizer Studenten die ohne Probleme verfolgen können. Vorlesungen in der Masterphase werden normalerweise auf English gegeben, denn man darf davon ausgehen, dass auch Studenten die am Anfang ihres Studiums die englische Sprache noch weniger gut im Griff hatten, nach einigen Jahren die Sprache schon folgen können. Wenn einige Studenten dies aber verlangen soll der Dozierende die Vorlesung auf Deutsch halten. In einer Weiterentwicklungsphase, z. B. in einer Doktorarbeit, ist es aber wichtig die englische Sprache ziemlich gut zu beherrschen. Falls nötig, kann Eëin Sommerkurs in Englisch dabei sehr behilflich sein.

Master Studium Technische Chemie

Biochemisches Engineering, Bioverfahrenstechnik, Chemisches System-​Engineering, Katalyse-entwicklung, Funktionelles Material-​Engineering, Heterogene Katalyse sind die Fächer die in einem Masterstudium Technische Chemie unterrichtet werden. Daraus müssen die Studenten eine Wahl treffen und auf dem Hauptfach ihrer Wahl ein Forschungsprojekt ausführen.

Die Forschung im Institut für Chemie- und Bioengineering (ICB) an der ETHZ konzentriert sich auf die Themen: chemische Aspekte der Energie, heterogene Katalyse, Polymerreaktionen, Kolloidtechnik, Sicherheits-​ und Umwelttechnik sowie Biotechnologie, Bioengineering und Mikrofluidik. Unter der Leitung der nachfolgenden Professoren werden aktuell folgende Forschungen verfolgt:

  • Prof. Arosio, Biochemisches Engineering,
  • Prof. DeMello, Bioverfahrenstechnik,
  • Prof. Guillén Gosalbez, Chemisches System-​Engineering,
  • Prof. Pérez-Ramirez, Katalyseentwicklung,
  • Prof. Shi, Technische Chemie,
  • Prof. Stark, Funktionelles Material-​Engineering,
  • Prof. van Bokhoven, Heterogene Katalyse

Wohin führt ein Studium Technische Chemie?

Nach einem Studium Chemie, Technische Chemie und Chemie-Ingenieurwissenschaften stehen einem oder einer die folgenden Möglichkeiten offen: man kann Lehrer werden, oder Wissenschaftler, oder man kann zur Industrie gehen. Um Lehrer zu werden muss man eine Zusatzausbildung folgen. Wissenschaftler kann man eigentlich nur werden, wenn man eine Promotion (Dissertation) absolviert hat. Für eine Stelle in der Industrie ist ein Masterdiplom eine Voraussetzung und eine zusätzliche Promotion ist schon behilflich. Arbeitgeber könnten neben den Grossindustrien (Roche, Novartis, Syngenta, Lonza) KMUs sein, wovon es in der Schweiz schon viele gibt (Dottikon, Ems, usw.)




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